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Fast 90 Prozent der Deutschen leiden irgendwann im Laufe ihres Lebens unter Rückenschmerzen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Verschleißerscheinungen, Fehlhaltungen und auch Bandscheibenvorfälle sind einige davon. Wenn die Schmerzen über das Bein bis in den Fuß oder über die Schulter bis in die Hand ausstrahlen, kann das auf einen Bandscheibenvorfall hinweisen.
Was versteht man unter einem Bandscheibenvorfall?
Die Wirbelsäule besteht in der Regel aus 33 knöchernen Wirbeln. Durch den Wirbelkanal auf der Rückseite der Wirbelkörper verläuft das Rückenmark, seitlich treten Nerven aus, die bestimmte Körperregionen versorgen. Zwischen den Wirbeln liegen die Bandscheiben, die aus einem gelartigen Kern bestehen, der von einem Ring aus Knorpelfasern umgeben ist. Sie wirken als Stoßdämpfer zwischen den Wirbeln. Mit den Jahren nimmt die Elastizität der Bandscheiben ab: Sie verlieren Flüssigkeit, werden spröde und rissig. Bei einem Bandscheibenvorfall tritt Bandscheibengewebe zwischen den Wirbelkörpern hervor. Dieses „vorgefallene“ Gewebe kann auf die Nerven im Bereich der Wirbelsäule drücken und sie reizen. Bei den meisten Menschen sind Bandscheibenvorfälle die Folge von Verschleißerscheinungen. Solche Veränderungen sind Teil des normalen Alterungsprozesses – der allerdings individuell verschieden verläuft. Sehr selten kann auch ein Unfall oder eine schwere Verletzung zu einem Gewebevorfall führen.

Die Wirbelsäule besteht in der Regel aus 33 knöchernen Wirbeln. Zwischen den Wirbeln liegen die Bandscheiben.
Wie äußert sich ein Bandscheibenvorfall?
Am häufigsten treten Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule, am zweithäufigsten an der Halswirbelsäule auf. Jedoch muss nicht jeder Bandscheibenvorfall Probleme bereiten. Bei Gesunden findet sich bei mehr als 60 Prozent der über 60-Jährigen im MRT ein Bandscheibenvorfall, der keine Probleme bereitet. Daher ist eine richtige Zuordnung von den geschilderten Beschwerden zu den Veränderungen, die man im MRT sieht, sehr wichtig. Ein Bandscheibenvorfall kann plötzlich einen heftigen „einschießenden“ Schmerz im unteren Rücken auslösen. Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule sind die Hauptursache für Ischialgien. So werden Schmerzen bezeichnet, die über das Gesäß ins Bein bis zum Fuß ausstrahlen. Analog hierzu kann es bei Bandscheibenvorfällen an der Halswirbelsäule zu Ausstrahlungen in den Arm bis in die Hand/Finger kommen. Manchmal kommt es neben den Schmerzen auch zu Gefühlsstörungen, Missempfindungen oder auch Lähmungserscheinungen. Diese Symptome stellen ein Alarmsignal für eine Nervenschädigung dar. Bei Nervenstörungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule kann es auch zu Störungen der Blasen- oder Darmfunktion kommen. Diese Funktionsstörung stellt einen medizinischen Notfall dar und muss sofort behandelt werden.
Welche Untersuchungen werden gemacht?
Zur Abklärung von akuten Rückenschmerzen reichen eine Befragung und eine körperliche Untersuchung normalerweise aus. Röntgenaufnahmen sind zur Diagnose eines Bandscheibenvorfalls nur wenig geeignet, jedoch können damit bei länger andauernden Beschwerden andere Ursachen ausgeschlossen werden. Weitere Untersuchungen wie zum Beispiel eine Kernspintomografie sind meist dann nötig, wenn Lähmungserscheinungen auftreten, die Blasen- oder Darmfunktion gestört ist, die Schmerzen trotz Behandlung kaum erträglich sind, über Wochen anhalten oder der Verdacht besteht, dass eine andere Erkrankung die Schmerzen verursacht, etwa ein Tumor. Der Arzt hat also bei Rückenschmerzen oft gute Gründe, erst einmal keine aufwendigen Untersuchungen zu veranlassen: Bildgebende Untersuchungen können eine vermeintliche Ursache für die Kreuzschmerzen zeigen, die tatsächlich nichts mit den Beschwerden zu tun hat. Eine solche Fehldiagnose kann wiederum eine überflüssige Behandlung nach sich ziehen, die vielleicht sogar schadet.

Wie behandele ich einen Bandscheibenvorfall?
Die meisten Bandscheibenvorfälle können konservativ behandelt werden. Dabei sind eine gute Schmerztherapie sowie die richtige Bewegung sehr wichtig. In den meisten Fällen lassen sich die Symptome, welche durch Bandscheibenvorfälle bedingt sind, durch konsequente Therapie innerhalb weniger Wochen beheben. Bewegung spielt dabei eine überragende Rolle. Eine Ruhigstellung ist, wenn überhaupt, nur in der ganz akuten Phase von Nutzen. Im Gegenteil sollte eine leichte bis mäßige Belastung angestrebt werden. Dabei kann eine physiotherapeutische Anleitung hilfreich sein, auch um Fehlhaltungen zu vermeiden und um die Muskulatur zu stärken. Viele Patienten empfinden auch Wärmeanwendungen im Bereich des Rückens als angenehm und schmerzlindernd. Die konservative Behandlung des Bandscheibenvorfalls umfasst auch eine medikamentöse Schmerztherapie. Dabei sollte schon zu Beginn auf eine ausreichende Schmerzlinderung geachtet werden, um eine Bewegungstherapie möglich zu machen und einer Chronifizierung des Schmerzes entgegenzuwirken. Nicht-steroidale Antirheumatika wie z. B. Ibuprofen sowie muskelentspannende Medikamente bieten sich hier an. Auch hilft manchen Patienten eine kurzfristige Therapie mit einem Kortisonpräparat. Vorübergehend können bei sehr starken Schmerzen auch stärkere Medikamente aus dem Bereich der sogenannten Opioide notwendig sein. Manchen Patienten hilft eine Injektion. Dabei injiziert der Arzt unter Durchleuchtung eine Mischung aus einem lokalen Betäubungsmittel und Kortison an den betroffenen Nerven.