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Depressionen in der Schwangerschaft

Wie Depressionen während und nach der Schwangerschaft erkannt und behandelt werden können

Depressionen in der Schwangerschaft

Ein Kind zu bekommen, soll für Frauen ein wunderbares Ereignis sein – doch was, wenn es nicht so ist? Gynäkologe Dr. Klaus-Henning Kraft erklärt, wie Depressionen während und nach der Schwangerschaft erkannt und behandelt werden können.

Schwangerschaft ist eine schöne und erfüllte Zeit; eine Geburt ist ein freudiges Ereignis; Schwangere und junge Mütter sind fröhlich und glücklich – so eine weit verbreitete Meinung. Kann das auch anders sein? Können schwangere Frauen und junge Eltern auch anders empfinden? Ermüdende Traurigkeit während der Schwangerschaft und ein anhaltendes Stimmungstief nach einer Geburt sind immer noch Tabuthemen, die oft hinter verschlossenen Türen erlitten werden. Dadurch wird der Start in diese neue Lebensphase für Mutter und Kind unnötig schwer. Und wenn es nicht nur um ein Stimmungstief (depressive Verstimmung) geht, sondern eine Depression, also eine psychische Krankheit entstanden ist, wird es für die Betroffenen noch schwerer. Diese Depression sollte von der (meist kürzeren und weniger ausgeprägten) Verstimmung abgegrenzt werden. Das ist nicht immer einfach und erfordert den geschulten Sachverstand des Psychiaters, der hier gefragt ist.

Wie äußert sich die Depression?

Für die Angehörigen und das Umfeld der Betroffenen sollte spätestens dann an fachkundige, ärztliche Hilfe weitergeleitet werden, wenn die Stimmungslage der Betroffenen sich gar nicht mehr aufhellt, für nahestehende Menschen kaum mehr nachvollziehbar ist und auch nicht durch Dinge verändert werden kann, die früher positiv und freudig erlebt wurden. Oft ist dann auch der Kontakt erschwert und die Kommunikation mühsam. Das sollte Angehörige aber nicht dazu verleiten, sich zurückzuziehen. Der Alltag ist für die Betroffenen dann nicht mehr zu bewältigen – für Eltern mit einem kleinen Baby ein großes Problem. Depressionen im Wochenbett können auch schubweise auftreten, das Erscheinungsbild ist dann nicht durchgehend vorhanden, was die Diagnose und auch die Einleitung einer Behandlung oft schwieriger macht.

Wie kommt es zur Depression?

Schwere Depressionen haben immer auch einen biologischen, einen körperlichen Hintergrund. Wir wissen inzwischen, dass Depressionen bei manchen Menschen als mögliche Erkrankung wahrscheinlicher sind als bei andern – hier spielen nach heutigen Erkenntnissen auch genetische Faktoren und deren Stärkung oder Schwächung im Laufe des bisherigen Lebens eine große Rolle.

In der Schwangerschaft und vor allem im Wochenbett kommen starke hormonelle Veränderungen dazu, die körperlich für alle Frauen zu spüren sind, positiv oder auch lästig, die aber auch großen Einfluss auf unsere psychische Verfassung haben, denn wir Menschen werden durch unsere Hormone beeinflusst, ob uns das gefällt oder nicht. Der Abfall der Hormonspiegel im Blut, den Frauen nach der Geburt erleben, ist deutlich stärker als die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren!

Unsere Vorstellungen beeinflussen unsere Verfassung

Zu den biologisch vorgegebenen Veränderungen kommen nun die Erwartungen, die wir selbst an uns stellen, die aber auch von außen an uns gestellt werden. Und die sind vorgeprägt von den eingangs erwähnten fröhlichen Bildern!

Tatsächlich stürmen außer den Hormonen aber auch viele andere kommende Veränderungen auf die Schwangere ein, die sie eher belasten: Wie wird sich mein Leben mit und nach der Schwangerschaft verändern? Was wird aus der Partnerschaft, wie geht es im Beruf weiter? Werde ich noch Zeit haben für mich, für Freunde, für Hobbys? Habe ich die Möglichkeit, mir Hilfe zu holen, wenn es mir zu viel wird? Mit wem kann ich über all das reden? Wer ist für mich da, wenn ich immer für mein Kind da sein muss? Nach der Geburt werden diese Fragen dann sehr konkret – dazu die Verantwortung für einen kleinen Menschen, für den ich jetzt Tag und Nacht zuständig bin! Zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre – eine gefühlte Ewigkeit. Es ist nachvollziehbar, dass für die Antwort auf diese Fragen auch die Persönlichkeitsstruktur eine Rolle spielt. Wir alle kennen Menschen, die eher ängstlich oder grüblerisch veranlagt sind. Sie tun sich auch hier schwerer als andere, die darin geübt sind, neue Herausforderungen optimistisch anzugehen und zu bewältigen. An diesem Punkt sind nicht nur Mütter, sondern auch Väter betroffen, deren Freude über die glückliche Geburt eines Kindes für manche deutlich getrübt wird durch die ungewohnte Verantwortung und die gefühlten und konkreten Pflichten, die jetzt zu erfüllen sind.

Hier sind wir alle dann auch Kinder unserer Familien, unserer Kultur, Mitglieder einer Gemeinschaft – und alle um uns herum haben ihre Vorstellung, wie wir diese neue Rolle jetzt ausfüllen sollen. Auch die frischgebackenen Eltern haben oft hohe, manchmal zu hohe eigene Ansprüche an ihre beginnende Rolle als Mütter und Väter. Werde ich jetzt so wie meine Mutter? Gleiche ich meinem Vater? Wie war das damals, als unsere Eltern Eltern wurden? Schaffe ich es, die Fehler nicht zu wiederholen, unter denen ich selbst als Kind gelitten habe?

Für einige Eltern sind all diese Fragen sehr bohrend und belastend und Hilfe ist wichtig – erklären, konkret unterstützen, zuhören, beistehen, ermutigen und vieles andere mehr. Da wird es verständlich, dass junge Menschen, die sich weit weg fühlen von ihrem vertrauten Umfeld – sei es durch freiwillige Mobilität, durch erzwungene Migration oder durch Flucht, sich besonders schwertun.

Wie wird die Depression erkannt und behandelt?

Da bei Männern keine biologische Umstellung dazu kommt, sind sie von schweren Depressionen in diesem Zusammenhang nur äußerst selten betroffen. Wenn Frauen während der Schwangerschaft oder nach der Geburt an einer Depression erkranken, brauchen sie ärztliche Hilfe, ambulant oder stationär. Auch hierbei geht es vor allem um Aufklärung über das eigene Krankheitsbild, um Hilfe und vor allem um Entlastung. Die Anforderungen an die Selbständigkeit und an das Erfüllen von Aufgaben müssen reduziert werden, damit die Betroffene ihnen wieder entsprechen kann. Die Besserung der depressiven Symptome hat Vorrang vor einem schnellen Aufbau von Aktivität. Noch immer wird zu oft in den Vordergrund gestellt, dass die Betroffene schnell fit werden muss, für die neuen Anforderungen – das kann einen kranken Menschen überfordern. Es geht darum, eine Erkrankung zu behandeln und zu heilen. Hierfür sind in bestimmten Fällen auch Medikamente nötig.

Eine schwere Depression, die die eigene Bewältigung des Alltags unmöglich macht, muss stationär behandelt werden – das gilt auch für Schwangere und junge Mütter. Wenn bei jungen Müttern in den ersten beiden Lebensjahren des Kindes eine ausreichende Belastbarkeit besteht, um im geschützten, therapeutischen Umfeld das Kind selbst zu versorgen, besteht auch die Möglichkeit einer Behandlung auf einer psychiatrisch geleiteten Mutter-Kind-Station. Wenn die Mutter behandelt wird und gleichzeitig im für sie anfangs belastenden Umgang mit ihrem Kind unterstützt und gefördert wird, ist es ihr so möglich, wieder Schritt für Schritt selbständig zu werden. Dann kann eine für beide Seiten wichtige Lebensphase, die unter schwierigen Bedingungen begonnen hat, langsam zum normalen und irgendwann auch freudigen Alltag werden.

Wie können wir vorbeugen und unterstützen?

Können wir junge Mütter vor einer Wochenbettdepression bewahren? Können wir diese Erkrankung im Vorfeld verhindern? Eher nicht. Wir können aber daran denken, dass es nicht selbstverständlich ist, einen neuen, anspruchsvollen Menschen in unser Leben hineinzulassen. Wir können daran denken, dass junge Eltern nicht nur ein strahlendes Baby im Arm halten, sondern konkreten Mühen wie unklaren Schrei-Anfällen, Übermüdung und Überforderung mit dem Alltag ausgesetzt sind. Da ist es dann hilfreich, ein offenes Ohr zu haben, das Baby mal für eine Stunde durch den Park zu fahren oder die Zubereitung einer Mahlzeit anzubieten.

Wenn aber freundschaftliche und familiäre Unterstützung nicht ausreicht, weil sich eine psychische Erkrankung ins Leben geschlichen hat, dann ist es am besten, der Betroffenen eine kompetente fachliche Hilfe nahezulegen und den Weg dahin zu ebnen.

DR. KLAUS-HENNING KRAFT ist Apotheker und Frauenarzt in eigener Praxis in Saarbrücken-Dudweiler. Seine Schwerpunkte sind Hormondiagnostik, Mammadiagnostik und Zytologie. Er ist außerdem Träger der Carl-Erich-Alken-Medaille der Ärztekammer des Saarlandes.

Weitere Informationen unter frauenaerzte-am-dudoplatz.de.

Dieser Beitrag ist im Rahmen der Gesundheitskooperation zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und Globus entstanden. Zu jedem 15. des Monats finden Sie in unserem ­mio-Online-Magazin einen aktuellen Beitrag rund ums Thema Gesundheit.

Weitere Gesundheitsinformationen finden Sie direkt bei der Kassenärztlichen Vereinigung:

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