Wer kennt sie nicht, die berühmten „Rettungsringe“, die sich mit zunehmendem Alter um unsere Hüften schmiegen, unsere Kleidergröße wachsen und unser Wohlbefinden sinken lassen? Was liegt da näher, als sich mit dem Thema Sport zu beschäftigen?
Sportliche Betätigungen kennen wir in der Regel als Mannschaftssportarten, wie Handball, Volleyball und Fußball oder als Individualsportarten wie Geräteturnen, Leichtathletik oder Gewichtheben. So unterschiedlich die genannten Sportarten auch sein mögen, ihnen allen gemein ist die Grundlage. Sie basieren auf Aktionen, bei denen Muskeln unseren Rumpf und unsere Extremitäten in Bewegung versetzen. Wir zeigen, worauf es ankommt und wie Sie das Training richtig angehen!
Gibt es Altersgrenzen?
Grundsätzlich ist Training in jedem Alter sinnvoll. Vor Beginn eines Trainings sollte jedoch eine sportmedizinische Eingangsuntersuchung durch einen erfahrenen Sportmediziner erfolgen, um eventuelle Gefahrenmomente auszuschließen. Außerdem sollte ein effektives Training immer unter fachkundiger Anleitung erfolgen.
Was versteht man eigentlich unter Training?
Jede körperliche Betätigung stellt einen Reiz für unser Bewegungssystem dar, dem wir mehr oder weniger gewachsen sind. Befinden sich unser Leistungsniveau und dieser spezifische Reiz – sprich das Training – nun im Ungleichgewicht, versucht unser Bewegungssystem, sich dem anzupassen und eine gewisse Reserve aufzubauen.
Krafttraining führt durch den Verbrauch von Zucker und Fett zu einer Verbesserung unserer Stoffwechsellage. Die Energie, die dabei verbraucht wird, beziehen wir in erster Linie aus den Zucker- und Fettbestandteilen unserer Nahrung. In den kleinen Kraftwerken der Zellen, den sogenannten Mitochondrien, entstehen die eigentlichen Energieträger. Dabei werden zunächst die Zuckerbestandteile und mit zunehmender Trainingsdauer auch die Fettanteile verbraucht, also unsere Fettpolster.
Zudem führt ein regelmäßiges Training zu einer Verbesserung der Koordination und Geschicklichkeit und somit auch im Alter zu einer Vorbeugung von Stürzen. Ein weiterer Trainingseffekt ist die Besserung der Belastbarkeit unseres Herz-Kreislauf-Systems. Dass der Blutdruck sich bei richtigem Training stabilisieren kann, nehmen wir als Nebeneffekt gerne mit.
Der Anstieg der Leistungskurve erfolgt dabei zu Beginn recht steil und rasant. Dieser steile Anstieg des Leistungsniveaus, insbesondere in den ersten Wochen, ist in erster Linie auf eine Verbesserung der Koordination zurückzuführen. Dabei kommt es innerhalb der Muskeln und der einzelnen Muskelgruppen zur verbesserten Zusammenarbeit. Unsere Muskulatur arbeitet einfach ökonomischer. Im weiteren Verlauf des Trainings wird der Leistungsanstieg flacher, da die Möglichkeiten der Ökonomisierung unseres Bewegungsapparates irgendwann aufgebraucht sind. Ab hier beginnt der eigentliche Kraftaufbau.
Was passiert im Muskel?
Muskeln, wie wir sie kennen, stellen eine funktionelle Einheit aus Muskel, Sehnen und zugehörigen Nervenzellen dar, die in ihrer Gesamtheit zusammenwirken müssen, um zu funktionieren. In den einzelnen Muskelzellen verschieben sich die funktionellen Eiweißbestandteile bei einer Aktivierung durch den zugehörigen Nerv so ineinander, dass sie sich verkürzen, was bedeutet, der Muskel arbeitet.
Zusätzlich erfolgt im Verlauf des Trainings eine Verbesserung der Sauerstoffaufnahme und Sauerstofftransportkapazität. Im Muskel selbst verbessert sich die Durchblutung durch eine Zunahme der kleinsten Gefäße. Das nennt man Kapillarisierung.
Auf was muss ich beim Krafttraining achten?
In der Trainingslehre werden die verschiedenen Kraftarten Maximalkraft, Schnellkraft und Reaktivkraft unterschieden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kraftausdauer. Bei unserer Betrachtung wollen wir uns mit der Maximalkraft beschäftigen. Definiert wird sie als das Gewicht, mit dem wir genau eine Wiederholung schaffen. Gehen wir davon aus, dass wir vorher keinerlei Training absolviert haben, sollten wir grundsätzlich mit eher niedrigen Belastungen beginnen und diese langsam steigern.
Die BORG-Skala
Ein gutes Maß, um unseren Bewegungsapparat und unser Herz-Kreislauf-System nicht zu stark zu belasten, stellt die sogenannte BORG-Skala dar. Dabei geht es um die empfundene Wahrnehmung der Belastung. Die Skala beginnt bei 6 und endet bei 20. Sinnvollerweise sollte das Training zu Beginn Werte der BORG-Skala von 16 nicht überschreiten. Das entspricht einem Training, das wir als anstrengend empfinden und einer Herzfrequenz von circa 160 Schlägen pro Minute entspricht. Die Lasten, die wir dabei bewegen, sollten wir in einer Häufigkeit von circa 12 bis 15 Mal bewegen können. Das entspricht einer Belastung von etwa 75 Prozent der Maximalkraft.
Niemals pressen!
Bei der Durchführung der Übungen ist es sehr wichtig, dass Sie auf keinen Fall beginnen zu pressen. Messungen bei Gewichthebern haben gezeigt, dass dabei locker Blutdruckwerte weit jenseits von 300 mmHg (Normalwerte 120/80 mmHg) entstehen können. Die richtige (Atem-)Technik bei der Ausführung der Übungen ist daher sehr wichtig!
Haben Sie eine Serie von 12 bis 15 Wiederholungen abgeschlossen, sollten Sie eine sogenannte „lohnende Pause“ einlegen. Das ist eine Pause, nach der Sie wieder in der Lage sind, die Serie von 12 bis 15 Wiederholungen zu schaffen. Natürlich kann man auch größere Lasten bei kleineren Wiederholungszahlen stemmen, aber wir sollten uns ins Gedächtnis rufen, dass der Knorpel unserer Gelenke eine bestimmte Belastungsgrenze besitzt. Daher liegen Sie zum reinen Kraftaufbau – insbesondere zu Beginn des Trainings – bei einer Intensität von 75 Prozent der Maximalkraft goldrichtig. Nachdem Sie drei Serien geschafft haben, ist das Training an diesem Gerät für die jeweilige Trainingseinheit beendet.
Auch Knorpel hat eine Belastungsgrenze
Hier noch eine kleine Anmerkung zur Belastungsgrenze unserer Gelenkknorpel: Wenn Sie sich beim Training derart anstrengen, dass Ihnen „die Luft wegbleibt“, haben Sie aus zweierlei Hinsicht eine zu hohe Trainingsbelastung gewählt. Einerseits ist man weit im Bereich der Sauerstoffschuld, was die Energiegewinnung „auf Umwegen“ mit der Entstehung von Milchsäure – sprich Laktat – bewirkt. Diese Situation sollte man vermeiden, weil Milchsäure für den Organismus schlecht ist. Andererseits wird Knorpel beim Training in diesem Belastungsbereich überbeansprucht und auf Dauer geschädigt.
Wie häufig sollten Sie trainieren?
Wird der Trainingsreiz zum richtigen Zeitpunkt gesetzt, führt das dabei entstehende Mehr an Leistungsniveau zu einer Leistungssteigerung. Wird zu selten trainiert, wird die neu entstandene Leistungsreserve wieder abgebaut und der Trainingseffekt verpufft. Wird zu häufig trainiert, rutscht die Leistungsfähigkeit sogar in den Keller und man spricht von Übertraining.
Ein Anfänger sollte sinnvollerweise zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche einplanen. Dabei sollte eine Pausenzeit von mindestens einem Tag eingehalten werden, damit sich die einzelnen Organe (wir betrachten Muskeln und Gelenke dabei auch als Organsystem) an die neue Belastung anpassen können. Längere Pausen führen zum Verlust des Trainingseffekts.
Nachdem Sie nach etwa drei bis vier Wochen einen Grundstock gelegt haben, geht es zunehmend darum, die Ausdauer zu verbessern. Dazu wählen Sie Trainingsintensitäten zwischen 35 und 65 Prozent der Maximalkraft mit Wiederholungszahlen von 20 bis 50. Dabei sollten fünf bis zehn Wiederholungen bei einer Pausendauer von circa ein bis drei Minuten gewählt werden.
Eines sollten Sie allerdings nicht außer Acht lassen: das Training soll Spaß bereiten und Sie nicht überfordern. Ideal für Menschen ab 50 ist das Ruder-Ergometer: Rudern trainiert alle wichtigen Muskelgruppen und ist gleichzeitig Cardio-Training. Das Training ist einfach, effektiv und zugleich gelenkschonend. Wichtig ist, dass Sie langsam aber doch zügig und mit zunehmender Geschwindigkeit am Seil ziehen. 20 Züge pro Minute sind zu Beginn eines Trainingszyklus optimal.
In diesem Sinne: Haben Sie Spaß und Freude an der Bewegung!
Ihr Dr. med. Lothar König
Kleine Kräftigungsübungen für zwischendurch
Viele Übungen für die Muskelkräftigung lassen sich ganz leicht in den Alltag integrieren. Dies sind einige Empfehlungen von Dr. med. Lothar König.
Übung 1: Bauchmuskeltraining
Ausgangsstellung: Rückenlage, ein Bein rechtwinklig im Knie gebeugt, die gegenüberliegende Hand liegt am Kniegelenk
Ausführung: Knie und Hand gegeneinander drücken und ca. 3 Sekunden die Kraft aufrecht erhalten. Etwa 10x wiederholen.
Übung 2: Rückenmuskeltraining
Ausgangsstellung: Bauchlage, Beine gestreckt
Ausführung: Die gestreckten Beine beide zusammen anheben und die Zehen nach oben, Richtung Nase, ziehen. Gleichzeitig die Arme seitlich am Körper entlang nach vorn und wieder zurück führen. Die Füße dabei permanent in der Luft halten. Etwa 10x wiederholen.
Übung 3: Muskelkräftigung
Ausgangsstellung: Aufrechter Stand, Rücken an der Wand. Ein Gummiband (z. B. Theraband, Deuserband oder ähnliches), das über dem Kopf an der Wand befestigt ist, wird mit beiden Händen gehalten. Die Hände befinden sich auf Höhe der Ohren, das Band wird leicht gespannt gehalten.
Ausführung: Das Band mit den Händen nach unten und hinten ziehen, entlang der Wand. Nach Möglichkeit den Kontakt zur Wand halten. Nach etwa 3 Sekunden die Arme wieder langsam in Richtung Ausgangslage führen. Etwa 10x wiederholen.
Dehungsübung 1: Schulterdehnung
Ausgangsstellung:
Aufrechter Stand vor einem Küchentisch – ob Schreib- oder Küchentisch ist ganz gleich, sofern er etwa hüfthoch ist. Beide Hände auf den Tisch legen.
Ausführung: 1–2 Schritte nach hinten treten und soweit nach vorn beugen, bis die Arme gestreckt sind. Dabei die Hände auf der Tischoberfläche belassen. Den Kopf zwischen die Oberarme senken und den Oberkörper wechselweise nach rechts und links verlagern. Auch jetzt bleiben die Hände auf dem Tisch liegen. In jede Richtung etwa 10x wiederholen.
Dehnungsübung 2: Auspendeln
Ausgangsposition: Verbleiben Sie in der in Dehnungsübung 2 beschriebenen, nach vorn gebeugten Haltung am Tisch. Ein Arm hängt locker und ohne Beschwerung, durch beispielsweise ein Gewicht, nach unten. Die zweite Hand verweilt auf dem Tisch und stützt den waagerecht stehenden Oberkörper ab.
Ausführung: Den hängenden Arm locker in alle Richtungen pendeln lassen, von rechts nach links, von vorn nach hinten. Dann eine kreisende Bewegung anschließen. Jede Richtung etwa 10x wiederholen.
DR. MED. LOTHAR KÖNIG ist Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sportmedizin, Chirotherapie und physikalische Therapie mit eigener Praxis in Marpingen. Er war Kunstturner in der 1. Kunstturn-Bundesliga und betreute die TG Saar als Mannschaftsarzt.
Dieser Beitrag ist im Rahmen der Gesundheitskooperation zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und Globus entstanden. Zu jedem 15. des Monats finden Sie in unserem mio-Online-Magazin einen aktuellen Beitrag rund ums Thema Gesundheit.
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