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Migräne

Was Sie über die neurologische Erkrankung wissen müssen

Migräne – tut wirklich richtig weh!

Lange Zeit wurde Migräne nicht ernst genommen und als Ausrede verharmlost. Inzwischen ist klar, dass es sich bei den anfallsartig auftretenden Kopfschmerzen um eine ernsthafte neurologische Erkrankung handelt. Dr. Hans-Thomas Eder klärt auf.

Migräne ist eine neurologische Erkrankung mit vielfältigen Symptomen. Es gibt auch Migräne ohne Kopfschmerzen, z. B. Augenmigräne. Hier soll aber von der mit Abstand häufigsten Form die Rede sein: von der Migräne mit fürchterlichen Kopfschmerzen.

Wie fühlt sich Migräne an?

Migräne ist ein anfallsartig auftretender Kopfschmerz, der überwiegend einseitig beginnt, klopft, sticht oder pocht und der sich im Laufe des Anfalls oft auf den ganzen Kopf ausdehnt. Der Schmerz wird von Lichtscheu, Geräusch- und Geruchsüberempfindlichkeit, Übelkeit bis hin zum Erbrechen und körperlicher Erschöpfung begleitet. Migräne wird oft als „Gewitter im Kopf“ beschrieben. In bis zu 25 Prozent der Fälle geht dem Kopfschmerz eine Aura voraus: Das sind neurologische Ausfallserscheinungen mit Seh-, Halbseiten- oder Sprachstörungen, die meist mit Beginn der Kopfschmerzen verschwinden. Die Kopfschmerzattacke dauert unbehandelt von wenigen bis 72 Stunden und bleibt in der Regel bei jedem Patienten nahezu gleich. Typischerweise nimmt der Kopfschmerz bei körperlicher Aktivität zu, was ihn von anderen Kopfschmerzformen unterscheidet. Die Attacken haben in vielen Fällen typische und wiederkehrende Auslöser, z. B. Wetterwechsel, Hormonschwankungen z. B. während der weiblichen Periode, einige Lebensmittel und Getränke, Entspannung nach Stress.

Migräne wird von Lichtscheu, Geräusch- und Geruchsüberempfindlichkeit, Übelkeit bis hin zum Erbrechen und körperlicher Erschöpfung begleitet.

Was ist Migräne?

Migräne war lange Zeit nicht als ernsthafte Erkrankung anerkannt und wurde als Ausrede verharmlost. Inzwischen ist klar, dass es eine ernsthafte neurologische Erkrankung ist, die vor allem durch die Erweiterung der Gehirngefäße zu den typischen klopfend-pochenden Kopfschmerzen führt. Der genaue Mechanismus ist bisher nicht geklärt, es bestehen mehrere Hypothesen (vaskuläre Hypothese, Übererregbarkeitshypothese, Entzündungshypothese), deren Gemeinsamkeit eine elektrische Signalausbreitung im Gehirn mit Projektion in den Hypothalamus ist. Hieran sind die unterschiedlichsten Überträgerstoffe beteiligt (Serotonin, Noradrenalin, Glutamat, CGRP (Calcitonin gene related peptid)) und es lassen sich sowohl die Aura (das Vorstadium) als auch die vielfältigen Symptome der Kopfschmerzattacke erklären. An der Entstehung der Migräne sind auch verschiedene Gene beteiligt, was die übliche Häufung in der Familie erklärt. Migräne ist aber keine Erbkrankheit, im Genom finden sich lediglich sogenannte Prädispositionen, d. h. Neigungen des Gehirns, eine Migräne zu entwickeln. Eine Spezialform ist die sehr seltene Erbkrankheit der familiären, hemiplegischen Migräne.

Welche Formen der Migräne gibt es?

Typisch für die Migräne ist ein Beginn der Kopfschmerzen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, es gibt aber auch kindliche Migräne ab dem Schulalter und Migräne ab 55 Jahren. Die kindliche Migräne zeigt oft keine Kopfschmerzen, dafür tut der Bauch weh. Ungefähr zwei Drittel der Migränepatienten sind weiblich. Die typischen, klopfenden Kopfschmerzen lassen im Alter nach, die übrigen Beschwerden können weiter bestehen.

Es gibt eine sogenannte menstruelle Migräne, die streng an die weibliche Regelblutung gekoppelt ist, in einer Schwangerschaft eine Pause macht und mit den Wechseljahren aufhört. Die Migräne kann unterschiedlich häufig auftreten, von einzelnen Tagen alle paar Jahre – dann spricht man von episodischer Migräne – bis zu 15 und mehr Migränetagen im Monat, dann spricht man von einer chronischen Migräne.

Oft bestehen neben der typischen Migräne parallel auch noch andere Kopfschmerzen, vornehmlich Spannungskopfschmerzen, die auch mal ineinander übergehen können, dann spricht man von Kombinationskopfschmerz.

Was kann eine Migräne auslösen?

Neben der genetischen Veranlagung und einer speziellen Überträgerstoffverteilung im Gehirn bedarf es immer auch eines Auslösers. Diese Auslöser sind bei den meisten Menschen immer die gleichen, von Mensch zu Mensch aber sehr unterschiedlich.

Generell wird eine Migräne ausgelöst durch einen starken Wechsel z. B. von Hormonen, Wetter oder Anspannung. Es ist nicht untypisch, dass sie am Wochenende oder zu Urlaubsbeginn auftritt, wenn sich die üblichen Alltagsabläufe abrupt ändern, z. B. späteres Aufstehen und längeres Schlafen. Beim Wetter spielen große Luftdruckveränderungen die entscheidende Rolle. Aber auch bestimmte Lebensmittel können einen Migräneanfall auslösen, hier insbesondere Eis, Glutamat, Polyphenole z. B. im Rotwein, gereifter Käse oder auch Histamin im Allgemeinen. Schokolade löst keine Migräne aus. Dass viele Migränepatienten kurz vor einer Attacke Schokolade gegessen haben, liegt am Heißhunger auf Serotonin und Energie zu Beginn der Attacke.

Welche Untersuchungen sind zur Diagnose einer Migräne wichtig?

Die genaue Anamnese und Beschwerdeschilderung sind ausschlaggebend für die Diagnose der Migräne. Eine körperliche Untersuchung und ein EEG gehören dazu. Nur wenn sie in einem untypischen Alter auftritt oder sich die Beschwerden im Verlauf ändern, sind Zusatzuntersuchungen wie CCT, NMR und eine Lumbalpunktion vonnöten.

Wogegen muss man eine Migräne abgrenzen?

Als Differentialdiagnose kommen Cluster-Kopfschmerzen oder generell sogenannte trigeminale autonome Kopfschmerzen (TAC) in Betracht.

Wie behandele ich eine Migräne?

Die Migräne braucht eine weitgehend geregelte Lebensführung, um sie zu verringern. Dazu gehören regelmäßige Essens- und Ruhezeiten, Ausdauersport dreimal pro Woche sowie eine Auslöservermeidung. Wenn sie dann auftritt, sollte sie ohne Zeitverzögerung akut behandelt werden. Je länger man mit der Behandlung wartet, desto weniger Aussicht besteht auf rasche Besserung. Es kann sogar zu einem sogenannten Status migränosus führen, das heißt der Kopfschmerz hört ohne Therapie gar nicht mehr auf. Die Behandlung ist vom Attackenverlauf (d. h. mit oder ohne Aura), von den Begleitbeschwerden und von Schmerzstärke und Dauer abhängig. So individuell die Migräne bei jeder Patientin, bei jedem Patienten ist, so individuell ist auch ihre oder seine Therapie.

Manchmal helfen Pfefferminzöl auf die Schläfen, Kaffee mit Zitrone, Entspannungsübungen und ein abgedunkelter Raum. Wenn das nicht ausreicht, kommen in Absprache mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin Medikamente zum Einsatz: Akutmedikamente sind in erster Linie Aspirin (direkt oder effect, die im Mund zergehen), MCP oder Domperidon (Mittel gegen die Übelkeit), Thomapyrin, Novalgin und in zweiter Linie Triptane als Tablette, Spray oder subkutane Spritze.
Treten die Anfälle zu oft auf oder lassen sie sich nur unzureichend behandeln, z. B. wenn sie nachts auftreten, muss man über eine Vorbeugetherapie (Prophylaxe) nachdenken. Als Vorbeugemedikamente eignen sich in erster Linie ß-Blocker, Flunarizin, Topiramat, Amitriptylin und die neuen CGRP-Rezeptorantikörper, bei chronischer Migräne auch Botulinumtoxin (Botox).
Es gibt eine ganze Fülle von alternativen Behandlungsmethoden, die vereinzelt hilfreich sein können, die aber in guten Therapiestudien keinen anhaltenden Erfolg gezeigt haben. Akupunktur hilft ca. sechs Monate, hochdosiertes Magnesium hilft nicht ausreichend, B-Vitamine helfen auch in Höchstdosen nur ganz vereinzelt, hypertone Salztherapie hat zu viele nicht tolerable Nebenwirkungen.

Es gilt leider generell: Wenn ich mich mit der Erkrankung beschäftige, z. B. ein Tagebuch führe und Auslöser suche, wird sie besser, aber es gibt bisher keine Therapieform, die Migräne vollständig heilen kann.

Was kann ich gegen Migräne tun?
Am wichtigsten ist mindestens zu Beginn eine genaue Beobachtung und Dokumentation. Dabei hilft am besten eine App, z. B. die Migräne-App. Der Lebensstil ist für den Verlauf der Migräne mitverantwortlich, insbesondere für die Häufigkeit und Schwere der Attacken. Ausdauersport, geregelte Tag-Nacht-Zeiten, ausreichend Entspannung und eine ausgewogene Ernährung sind förderlich. Bei belastender Migräne ist auch zu empfehlen, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen.

Einige berühmte Personen mit Migräne

Gaius Julius Cäsar
Ludwig van Beethoven
Sigmund Freud
Napoleon Bonaparte
Claude Monet
Miguel de Cervantes
Vincent van Gogh

Nützliche Adressen

Literatur:
www.dmkg.de/buchtipps

Migräne App:
Appstore
Google Play

Deutsche Migräne und Kopfschmerzgesellschaft in Kiel:
www.dmkg.de

Leben mit Migräne:
www.leben-und-migraene.de

MigräneLiga eV Deutschland:
www.migraeneliga.de

DR. MED. HANS-THOMAS EDER ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie sowie Psychotherapie und seit 1992 in eigener Facharzt-Praxis niedergelassen. Er ist Mitglied in DGPPN, DGN, BVDN sowie in der Gutachtenkommission für Fragen der ärztlichen Haftpflicht und Facharztprüfer bei der Ärztekammer des Saarlandes.

Dieser Beitrag ist im Rahmen der Gesundheitskooperation zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und Globus entstanden. Zu jedem 15. des Monats finden Sie in unserem ­mio-Online-Magazin einen aktuellen Beitrag rund ums Thema Gesundheit.

Weitere Gesundheitsinformationen finden Sie direkt bei der Kassenärztlichen Vereinigung:

Hier geht‘s zum Angebot der KV Saarland.