Im verschneiten Hügelland des Rheingaus herrschen eindeutig andere Temperaturen als im regnerischen Flachland, wo unsere Reise heute Morgen losging. Die Teilnehmer der heutigen Wandergruppe, die sich schon abmarschbereit vor dem kleinen Hofladen versammelt haben, gehen nach und nach noch mal zurück zu ihren Autos und legen nach: Sie kramen nach einem zweiten Paar Socken, zusätzlichen Schals und ziehen die Mützen tiefer ins Gesicht. Trotz der eisigen Temperaturen und dem tauenden Schneematsch hat sich an diesem Sonntagmorgen ein bunt gemischtes Trüppchen von 30 Personen an der Kisselmühle nahe des Klosters Eberbach versammelt. Wir alle sind heute mehr als bereit, jeder Widrigkeit zu trotzen, um endlich zu Attila, Zottel und Theo zu gelangen. Dabei handelt es sich nicht etwa um Helden aus Kinderbüchern, sondern um 3 unserer 15 kuscheligen Wanderführer für heute.

Lamas sind nicht nur die flauschigsten, sondern auch die farbenfrohsten Wolllieferanten. Insgesamt gibt es 25 unterschiedliche Fellfarben.
Flauschige Shootingstars
Kleine handgemalte Lamas, Alpakas und Kamele auf Schildern am Wegesrand weisen uns die Richtung zu den Stallungen und zur Koppel, wo uns Alexandra Messing, Betreiberin des Hofes, mit der ersten wärmenden Stärkung und einigen Informationen empfängt. „Lamas und Alpakas stammen ursprünglich aus den südamerikanischen Anden und dienen dort als Lastenträger und Begleittiere. Wegen ihres steifen Rückens sind sie keinesfalls Reittiere, sondern können lediglich zehn Prozent ihres Körpergewichts in Satteltaschen tragen“, erklärt sie uns in einer kurzen Einführung. Sie gibt uns noch ein paar Hinweise mit auf den Weg: „Die Jungtiere nicht streicheln, die Leinen nicht zu straff halten und unterwegs nicht fressen lassen!“ Dann dürfen wir uns den Tieren endlich zum ersten Mal nähern. Jeder Teilnehmer bekommt eine Handvoll Heu und Alexandras Mann Frank lässt uns zu den 60 Tieren auf die Koppel. Wir sind alle etwas scheu und behutsam und lassen die Tiere auf uns zukommen. Dabei ist der kleine Snack sehr hilfreich, denn schon knabbern zwei Tiere an dem Büschel in meiner Hand.
Lamas und Alpakas sind Distanztiere und nehmen nur langsam Kontakt auf – sowohl mit ihren Artgenossen als auch mit uns, ihren aktuellen Futterlieferanten. Trotz ihrer Zurückhaltung merken wir, wie sich die Langhälse regelrecht in Pose werfen. Sobald wir unsere Kamera auf sie richten, wirkt es, als setzten sie sich für uns noch einmal extra in Szene: Der Hals wird gestreckt und die Ohren werden aufgestellt. Sie klimpern mit den langen Wimpern und zeigen uns teilweise ihre Zähne, obwohl sie durch die geteilte Oberlippe sowieso ein Dauergrinsen im Gesicht haben.

Lamas und Alpakas sind wie Kühe und Schafe Wiederkäuer, jedoch nur mit drei Mägen anstatt vier. Aus diesem Grund haben sie keine obere Zahnreihe, sondern stattdessen eine Kauplatte. Deswegen keine Scheu, die Tiere können nicht beißen!